Review: Voigtländer Ultron 28mm 2.0

Einleitung

Sony A7s mit Voigtländer Ultron 28mm 2.0
Sony A7s mit Voigtländer Ultron 28mm 2.0 und VM-E Nahadapter (Helicoid)

Das Voigtländer Ultron 28mm 2.0 ist ein recht kleines Weitwinkelobjektiv mit Leica M Bajonett. Die technischen Daten könnt Ihr euch hier auf der offiziellen Homepage anschauen. Das Objektiv hat ein recht modernes Design und kam erst 2012 auf den Markt. Es ist mittlerweile eines meiner Lieblingsobjektive an der A7s, wovon auch Phillip irgendwie Wind bekommen und mich dann gefragt hat, ob ich nicht ein bißchen was zu dem Objektiv schreiben möchte. Die Einladung habe ich natürlich gerne angenommen und am Ende dieses Reviews wisst ihr vielleicht, warum mir dieses Objektiv so gut gefällt.

Die A7 Kameras und Leica-M Weitwinkelobjektive

Berge Schnee Landschaft Bieler Höhe Ultron 28mm 2.0
Sony A7 | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/8 | (Panorama aus 7 Bildern) | volle Auflösung

Viele von euch haben bestimmt schon davon gehört, dass es zu Problemen kommen kann, wenn man Messsucher Weitwinkelobjektive in Verbindung mit den A7 Kameras nutzen möchte. Was einige jedoch nicht wissen, dass es hier zum Teil große Unterschiede zwischen den einzelnen A7 Kameras, oder um genauer zu sein; zwischen den verschiedenen Sensoren der A7 Kameras gibt. Aber fassen wir nochmal kurz zusammen, zu welchen Problemen es überhaupt kommen kann:

  1. Farbverschiebungen an den Rändern und in den Ecken
  2. Massive Vignettierungen
  3. “Corner smearing”

Die ersten beiden werden maßgeblich durch das Sensordesign beeinflusst. Die A7r hat hier am meisten Probleme, die A7s(II) und A7rII am wenigsten. Man sollte jedoch auch beachten, dass symmetrisch aufgebaute Weitwinkelobjektive aufgrund des optischen Designs bereits generell sehr starke Vignettierungen aufweisen und sich hier stark von den Retrofokus-Konstruktionen unterscheiden, die üblicherweise bei den Weitwinkelobjektiven für SLRs verwendet werden. Das so genannte „corner smearing“ dagegen tritt aufgrund des dicken (im Vergleich zu Leica M Kameras und insbesondere Film, hier gibt es nämlich keines) Filterglases vor dem Sensor auf.  Das Glas ist so dick, dass es – in Verbindung mit dem bei Weitwinkelobjektiven teilweise steilen Lichteinfalls auf den Sensor – die optische Rechnung des Objektivs beeinflussen kann. Meiner Erfahrung nach sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Kameras der A7-Serie hier zu vernachlässigen. Eine Lösung gibt es jedoch: man kann seine Kamera zu Kolari Vision schicken und das Filterglas austauschen lassen. Hiermit habe ich leider noch keine Erfahrung, da sich der Austausch für nicht-US-Bürger relativ schwierig und teuer gestaltet.
Es gibt auch einen Grund, warum ich den Begriff “corner smearing” nicht sonderlich mag: was eigentlich bei den meisten Objektiven passiert (dazu komme ich dann auch nochmal im Kapitel „Bildqualität“) ist, dass die Bildecken einfach in einer anderen Fokusebene liegen, daher verschwindet dieses Problem auch übelicherweise beim Abblenden.

Bokeh

Das Bokeh empfinde ich als sehr weich, insbesondere für ein Weitwinkelobjektiv. Die Lichtkringel sind auch sehr gleichmäßig ausgeleuchtet. Es hilft natürlich , etwas näher an das Motiv ranzugehen:

Rabe mit Bokeh Voigtlander 28mm 2.0
Sony A7 | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/2 | volle Auflösung

Was man jedoch nicht vergessen sollte; aufgrund der 10 geraden Blendenlamellen werden die Lichtkringel beim Abblenden zu 10-Ecken:

Pilz aufgenommen mit Ultron 28mm 2.0@2.8
Sony A7s | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/2.8 |

Bildqualität

Nahbereich:

Ultron 28mm 2.0 Offenblende Pilz wald Bokeh Hintergrund unscharf
Sony A7s | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/2 | volle Auflösung

Dieses Objektiv besitzt kein „floating elements Design“ (auch oft CRC = close range correction genannt)  was man auch durchaus merkt, wenn man das Objektiv an der Naheinstellgrenze mit einem Helicoid Adapter verwendet. Dies soll nicht heißen, dass es nicht möglich ist, im Nahbereich scharfe Aufnahmen zu machen, aber man sollte hier wirklich bei der Aufnahme weit reinzoomen und die genaue Lage des Fokus überprüfen. Mit dem Voigtländer VM-E Nahdapter ergibt sich übrigens eine maximale Vergrößerung von 1:5.5. Ohne eine solchen Adapter liegt die Naheinstellgrenze bei 70 cm, was typisch ist für Objektive mit  Messsucherkopplung. Die maximal erreichbare Vergrößerung ist hier nicht mehr der Rede Wert.

Unendlich:

ultron 28mm 2.0 sharpenss schärfe

ultron 28mm 2.0 sharpenss schärfe
Die Einzelbilder könnt ihr euch auch in voller Auflösung (A7, 24mp) hier herunterladen.

Wie bereits im zweiten Abschnitt angesprochen gibt es bei diesem Objektiv ein paar Probleme aufgrund des dicken Filterglases vor dem Sensor. Je nach dem, auf welche Distanz man das Objektiv einstellt, kann man bereits bei offener Blende eine halbwegs vernünftige Auflösung in den Ecken bekommen, in dem Fall ist dann allerdings die Bildmitte unscharf.
Wenn man zum Vergleich gegen Unendlich auf die Bildmitte fokussiert sehen die Ecken ziemlich mies aus.
Die gute Nachricht hier ist: wann man bei einem „flachen“ Motiv auf die Bildecken fokussiert hat man bereits bei f5.6 über das komplette Bild eine vernünftige Schärfe. Geht man auf f11 kann man einfach den Unendlich-Anschlag nutzen und hat ebenfalls über das ganze Bild eine sehr gute Auflösung.

Falls ihr euch jetzt fragt, wie das bei einem richtigen Bild aussieht, habe ich ein Beispiel für euch:

Venedig 28mm 2.0 Ultron Bokeh
Sony A7s | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/2 | volle Auflösung

Das Bild wurde bei Blende 2.0 aufgenommen, der Fokus lag auf dem Stuhl im Vordergrund. Was man beim Hintergrund sehen kann: die Bildmitte ist ziemlich unscharf, die Ränder dagegen nicht so sehr, obwohl ähnlich weit entfernt. Ob einem das gefällt ist sicherlich Geschmackssache, mir gefällt es ehrlichgesagt bei einigen Bildern sehr gut.

Flareresistenz

Brücke Venedig Gegenlicht Ultron 28mm 2.0
Sony A7s | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/11 | volle Auflösung

Unter bestimmten Umständen kann man durchaus Lichtflecken bekommen und auch der Kontrast kann sich bei Gegenlicht ebenfalls verringern, sehr oft konnte ich jedoch völlig ohne Probleme einfach direkt in die Sonne fotografieren. Wie bei den meisten Objektiven hängt es am Ende oft einfach vom Einfallswinkel ab.

Blendensterne

Karlsbrücke Charles Bridge Prag Praha Ultron 28mm 2.0 Sunstars Blendensterne
Sony A7s | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/11 | volle Auflösung

Definitiv eine der Stärken des Objektivs, da man beim Abblenden sehr schöne, klar definierte, 10-strahlige Sterne bekommt.

Karlsbrücke Charles Bridge Prag Praha Ultron 28mm 2.0 Sunstars Blendensterne
100% Crop aus vorherigem Bild

 

Chromatische Abberationen

Markthalle Stuttgart Bokeh Weitwinkel 28mm 2.0 Ultron Sony A7s
Sony A7 | Voigtländer Ultron 2.0/28 | f/2.0 |

Weder längs- noch quergerichtete chromatische Abberationen („CA“) sind bei diesem Objektiv erwähnenswert. Dies ist besonders positiv für das Bokeh, da eine schlechte Korrektur der längsgerichteten CA oft zu grünen Rändern an den Lichtkringeln im Unschärfebereich des Hintergrundes führt, was ich ziemlich unschön finde und sich auch teilweise nicht ganz so einfach korrigieren lässt.

Fazit

Ob dieses Objektiv etwas für euch ist, hängt ziemlich von euren persönlichen Vorlieben ab. Wer bereits bei Offenblende auf über das gesamte Bild homogene Schärfe Wert legt wird wahrscheinlich enttäuscht sein, wobei dies weniger am Objektiv als an Sonys dickem Filterglas liegt. Ich benutze das Objektiv meist entweder bei Offenblende, um irgendetwas freizustellen (da stört mich dann auch die geringere Randauflösung nicht), oder bei Blende 8.0 bis 11.0 für Landschafts- und Architekturaufnahmen. Abgeblendet lässt die Schärfeleistung aus meiner Sicht nichts zu wünschen übrig. und hervorzuheben wären außerdem nochmals die sehr schönen Blendensterne, die einen viel größeren Einfluss auf den Bildeindruck haben, als das letzte Quäntchen Auflösung in den Bildecken. Die Verzeichnung ist übrigens recht gering, die Vignettierung liegen im üblichen Rahmen und im Gegensatz zu vielen alten Objektiven bringt Lightroom für dieses auch ein Korrekturprofil mit.

Alternativen

Der größte Konkurrent ist hier sicher Sonys FE 28mm 2.0, welches natürlich mit dem dicken Filterglas im Hinterkopf konstruiert wurde. Daher entsteht bei diesem Objektiv durch das Filterglas auch keine Bildfeldwölbung (leichte Farbverschiebungen an den Rändern können jedoch auch mit diesem Objektiv auftreten). Andererseits verzeichnet das Sony Objektiv massiv  (was natürlich korrigiert werden kann) und der Fokusring ist nicht direkt mit der Mechanik gekoppelt, da es sich um ein so genanntes „fly-by-wire“  Design handelt (mit dem Drehen des Fokusrings sagt man einem Motor, in welche Richtung die Linsenelemente bewegt werden sollen). Auf eine Distanzskala wurde in diesem Zusammenhang ebenfalls verzichtet. Das Sonyobjektiv bietet natürlich auch Autofokus und die Möglichkeit, den Weitwinkel- und Fisheyeaufsatz zu benutzen. Das Sony hat eine UVP von knapp 400€, das Voigtländer ist für etwas unter 700€ (hier kommt natürlich auch noch ein Adapter dazu) zu bekommen. Angesichts dieses Preisunterschiedes werden sich möglicherweise einige Fragen, warum man überhaupt über das Voigtländer nachdenken sollte. Unabhängig von den Eckdaten handelt es sich jedoch um sehr unterschiedliche Objektive, das Sony sehr modern, mit AF aber ohne „richtigen“ Fokusring, Distanzskala und stark abhängig von nachträglichen Korrekturen, das Voigtländer eher klassisch ohne jedwede Elektronik, mit Unendlich-Anschlag und leicht an viele andere Kamras zu adaptieren.

Zu meiner Person

Meine Name ist Bastian und nachdem ich viele Jahre nur mit Nikon DSLRs unterwegs war nutze ich seit ca. einem Jahr zusätzlich auch Kameras aus der A7 Serie von Sony und das exklusiv mit manuellen Objektiven. Meine Leidenschaft ist die Landschaftsfotografie, anderen Themenbereichen bin ich jedoch auch nicht abgeneigt. Seit 2015 gebe ich auch Workshops mit Fotoworkshop-BW.
Ich habe übrigens extra ein flickr Album eingerichtet, welches nur mit dem 28mm 2.0 Ultron aufgenommene Bilder enthält und auch in Zukunft entsprechend ergänzt wird.
Ihr könnt auch gerne meinem flickr-Account folgen (und mir dort Fragen stellen, die vielleicht nicht direkt mit diesem Beitrag zu tuen haben).

3 Gedanken zu „Review: Voigtländer Ultron 28mm 2.0“

  1. Ich weiß jetzt zwar nicht ob Du Phillip oder Bastian heißt, aber der Artikel ist auf jeden Fall klasse. Ich plane gerade die Anschaffung eines Weitwinkelobjektives und hab das Voigtländer 28mm f/2 und das Leica Elmarit 28mm f/2.8 in die engere Auswahl genommen. Preis und Offenblende sprechen für das Voigtländer und Deine Bilder sind klasse. Hattest Du mal Gelegenheit das Elmarit im Vergleich zu testen?

    Viele Grüße
    Thorsten

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